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Dankbarkeit - Wie sie darüber entscheidet ob wir glücklich sind

 

Mit Dankbarkeit meine ich keinesfalls den gesellschaftlichen Zwang sich für wirklich alles bedanken zu müssen... ganz im Gegenteil. Vielleicht sollte man das Wort "Danke" auf die Momente reduzieren in denen man wirklich "dankbar" ist, und sich im Gegenzug der Dankbarkeit auch wirklich bewusst zu werden. Aber was hat das damit zu tun ob wir glücklich sind?

Wie oft am Tag sagt ihr "danke"? Und wie oft habt ihr wirklich Dankbarkeit empfunden? "Danke" ist für die meisten nichts weiter als eine belanglose Floskel, die man der Höflichkeit halber für jede noch so belanglose Gelegenheit verwenden muss. Aber wie oft habt ihr dieses Wort wirklich "gefühlt"? Wie oft habt ihr Momente in denen ihr einfach nur dankbar seid?

Wir wachen in einem sicheren Haus auf, haben fließend Wasser und eine Heizung. Wir haben genug zu essen und trinken. Wenn wir mal krank sind brauchen wir uns meistens keine Sorgen um die Kosten der Behandlung zu machen. Auf unsere Häuser werden keine Bomben geworfen und wirkliche Naturkatastrophen haben wir auch nicht.

Das alles sind Gründe um wirklich dankbar zu sein! Wir hingegen nehmen es als selbstverständlich hin und regen uns über Kleinigkeiten auf. Wir bekommen eine Lohnerhöhung von 2% und regen uns darüber auf, dass wir nicht noch mehr bekommen anstatt dankbar dafür zu sein demnächst 2% mehr Geld zu bekommen. Jemand der im Lotto mehrere Millionen Euro gewinnt regt sich bestimmt eher über die Steuerabgaben auf als sich über die vielen Millionen die ihm bleiben zu freuen. Mit so einem Mindset kann man doch nur unglücklich sein. Der Durchschnittsmensch ist lieber unzufrieden statt für Kleinigkeiten dankbar zu sein.

Besucht doch mal ein wirklich armes Land und schenkt einem Kind dort ein kleines Stück Schokolade. Dieses Kind wird für dieses kleine (für uns unbedeutende) Stück Schokolade mehr Dankbarkeit und Freude empfinden als manch Lottogewinner in der westlichen Welt. Unser Wohlstand ist in diesem Fall eher Fluch als Segen. Durch diesen Wohlstand sehen wir wirklich alles als selbstverständlich an wovon andere noch nicht einmal zu träumen wagen.

Die Fähigkeit zu sehen ist für uns so selbstverständlich. Wir können den blauen Himmel sehen oder die Menschen die uns wichtig sind. Was würde ein blinder Mensch dafür geben auch nur einmal für einen kurzen Moment wieder sehen zu können? Wie dankbar wäre dieser Mensch für so ein Geschenk? Ein Geschenk, welches für uns tägliche Selbstverständlichkeit ist...

Wir sind ja sogar schon unglücklich wenn unser Lieblingswein vergriffen ist... Es gibt Teile auf der Welt wo Menschen darum kämpfen überhaupt trinkbares Wasser zu bekommen. Und ich meine nicht unbedingt sauberes Wasser. Ich rede von Wasser, dass man trinken kann ohne daran schwer zu erkranken. Könnt ihr euch vorstellen wie dankbar solche Menschen für nur ein Glas gewöhnliches Leitungswasser wären?

Wir haben in unserem Wohlstand verlernt dankbar zu sein und darum sind wir die meiste Zeit so unglücklich. Als ich kurz nach dem großen Beben 2015 in Nepal war habe ich viele Menschen gesehen die ihr zu Hause verloren haben. Sie mussten mit vielen anderen Menschen in Zelten untergebracht werden. Als wir in diesen Regionen Essen verteilt haben kam uns so viel Dankbarkeit entgegen. Die Menschen haben zwar kürzlich so viel verloren, aber trotzdem konnte ich so viel Lebensfreude in ihren Gesichtern erkennen. Wäre etwas ähnliches hier bei uns passiert und man hätte den Menschen eine solch kleine Mahlzeit geschenkt wäre man vielleicht sogar beleidigt worden, weil man ihnen kein Sterne-Hotel mit 5-Gänge Menü organisiert hat. Von Dankbarkeit wäre da nicht viel zu sehen gewesen.

Sind am Ende nicht die Menschen, die aus ärmlicheren Verhältnissen kommen die glücklicheren Menschen? Sind sie nicht reicher an Lebensfreude, weil sie sich über so viele Dinge noch freuen können?

Ich bin mittlerweile an einem Punkt wo ich für so viele Kleinigkeiten Dankbarkeit empfinde. Manchmal stehe ich einfach nur auf meinem Balkon und spüre die Sonne auf meiner Haut und rieche die frische Luft. Ich atme tief ein, schließe die Augen und denke nur noch "Danke, für diesen Moment!".

Natürlich könnte einiges in meinem Leben besser sein. Es geht immer besser. ABER es könnte auch viel viel schlechter sein!!! Ich habe ein sicheres zu Hause, genug Nahrung und eine wundervolle Frau! Diese kurze Aufzählung ist mehr als genug um tiefe Dankbarkeit zu empfinden!

Ich setze jetzt sogar noch einen drauf und mache mich evtl. bei einigen unbeliebt: Ich bin dankbar dafür diesen Gehirntumor in genau dieser Form zu genau dieser Zeit bekommen zu haben!!!

Warum behaupte ich so etwas?

- Ohne diese Diagnose hätte ich vielleicht niemals wirklich erkannt wie sehr meine Frau hinter mir steht. Wir waren gerade mal wenige Monate zusammen als die Diagnose kam und eine gemeinsame Zukunft schien ungewiss. Sie ist geblieben und nun sind wir mehr als 6 Jahre zusammen und davon 2 Jahre verheiratet.

- Erst nach dieser Diagnose habe ich begonnen mich intensiv mit meiner Gesundheit zu befassen (körperlich und psychisch). Trotz OP, Bestrahlung und einer Chemotherapie kann ich heute behaupten mich deutlich gesünder und fitter zu fühlen als noch vor der Diagnose

- Man merkt wohl erst wie besonders das Leben ist, wenn man in einer lebensbedrohlichen Situation ist. Eine solche Diagnose könnte man als solche Situation beschreiben. Erst nach dieser Diagnose konnte ich mich an Kleinigkeiten erfreuen und sehe so viele selbstverständliche Dinge als etwas besonderes. Für so viele "gewöhnliche" Momente bin ich mittlerweile sehr dankbar. Diese Dankbarkeit wieder zu verspüren ist ein sehr großes Geschenk.

- Wenn man denkt man stirbt fängt man an sein bisheriges Leben zu betrachten und merkt was man alles verpassen würde wenn nun schluss wäre. Man beginnt Dinge zu tun die man sonst nur vor sich her geschoben hätte oder vielleicht nie in Angriff genommen hätte. Ohne den Krebs hätte ich mir damals wohl nie meine erste "richtige" Kamera gekauft und meine Leidenschaft für die Fotografie entdeckt.

 

Fazit

Ich hoffe ich konnte deutlich machen, was ich damit meine wenn ich sage, dass Dankbarkeit eine große Rolle für unsere Lebensfreude spielt. Nur wenn wir uns noch wirklich an etwas erfreuen können und nicht alles als selbstverständlich sehen können wir glücklich sein. Sobald etwas "selbstverständliches" nämlich nicht mehr in der gewohnten Qualität und Quantität da ist werden wir unzufrieden und folglich unglücklich. Machen wir uns aber bewusst, dass nichts selbstverständlich ist und fangen wieder an Dankbarkeit zu empfinden haben wir wieder viel mehr Glücksmomente und viel weniger Frustmomente.

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