Der richtige Arzt (Zweitmeinung!!!)

Wie wichtig die Zweitmeinung ist habe ich wenige Monate nach meiner Bestrahlung gemerkt. Mir ging es gut, ich war wieder voll im Training und hatte einen neuen guten Job bekommen. Dann kam eine neue MRT-Kontrolle und auf den ersten Blick sah wohl alles gut aus. Nur eine kleine Stelle, die evtl. eine Kontrastmittelaufnahme sein könnte, nahm der Arzt zum Anlass es im Tumor-Board zu besprechen.  Ein paar Tage später kam dann der Anruf, dass man mir DRINGEND(!!!) zu einer zweiten OP und einer Chemotherapie rate. Ich dachte natürlich erstmal ich sei im falschen Film. Gerade hatte sich mein Leben wieder normalisiert und es ging mir absolut prima und dann so etwas.

Ich habe mir natürlich erstmal einen Termin bei einem anderen Arzt für eine Zweitmeinung geben lassen.

Dieser Arzt meinte dann erstmal, dass es noch viel zu früh sei solche Schlüsse zu ziehen, da es wohl noch Effekte der Bestrahlung sein könnten die man als Kontrastmittelaufnahme gedeutet hat. Ein PET sollte Aufschluss bringen und das tat es. Es fanden sich keinerlei Aktivitäten, die auf ein Rezidiv hindeuteten. Natürlich könnte man sagen, dass die Zweitmeinung ja nicht unbedingt recht gehabt haben muss, ABER ich hatte weiterhin (ohne neue OP und Chemo) ganze 5 Jahre saubere MRTs und keine neuen Beschwerden. Die Klinik meinte damals, dass die OP sehr risikoarm wäre. Mittlerweile weiß ich, dass eine OP in diesem Bereich sehr wohl mit einem hohen Risiko verbunden ist! Hätte ich mich damals nicht um eine Zweitmeinung bemüht würde es mir höchstwahrscheinlich gar nicht mehr so gut gehen.

Das zweite Mal wo mich eine Zweit- und sogar noch eine Drittmeinung "gerettet" haben war 2016. Im langfristigen Verlauf wurde ein kleines Wachstum und eine winzige Kontrastmittelaufnahme entdeckt. Die erste Klinik riet mir zu einer Chemo und evtl. einer erneuten Bestrahlung. Da es mir eigentlich super ging und die Veränderung nicht wirklich groß war wollte ich eine erneute Therapie erstmal vermeiden. Auf zur Zweitmeinung! Dieser Arzt riet zu einem PET welches ich auch machen lies. Es zeigte sich eine gewisse Stoffwechselaktivität. Die dortige Ärztin meinte, dass diese Aktivität für einen hochgradigen Tumor eher untypisch sei und sie jemanden aus ihrer Familie erstmal zum Abwarten und weiteren Kontrollen raten würde.

Meine Zweitmeinung sah das aber anders als er das Ergebnis vom PET gesehen hat. Er wollte ganz gerne operieren. Alternativ dazu eine Biopsie. Ich entschied mich für die Biopsie, das ich bei meinem guten Allgemeinzustand keine irreperablen Schäden riskieren wollte. Das Ergebnis war dann das bekannte Anaplastische Astrozytom Grad 3. Er wollte möglichst bald das volle Programm durchziehen. Operation und kombinierte Strahlen/Chemotherapie. Das hat mir erstmal den Boden unter den Füßen weggezogen. Auf den Einwand, dass sich in den letzten Monaten nicht sonderlich viel am Tumor getan hat meinte er nur, dass man so schnell keine große Veränderung erwarten könne. Warum also dann die Eile? Muss die Qoute erfüllt werden?

Da die Meinung der PET Ärztin und die der Zweitmeinung so weit auseinander gingen brauchte ich eine Drittmeinung.

Ich ging zu einem Arzt bei dem ich schon einmal war und mich eigentlich recht wohl gefühlt hatte. Damals überwies er mich an eine Uni-Klinik. Er schaute sich die Bilder an und riet mir auf jeden Fall von OP und zweiter Bestrahlung ab. Für die OP geht es mir einfach zu gut und das Risiko wäre für den aktuellen Befund zu groß. Die Re-Bestrahlung würde wahrscheinlich auch zu einigen Schäden führen und es wäre dann auch meine letzte Bestrahlung. In diesem Fall verschwendete Munition. Aber wirklich gar nichts tun machte ihm auch Bauchschmerzen und er riet zu 6 Zyklen Temozolomid (Chemo). Diese Chemo wird gut vertragen und würde zumindest das was gerade im Gange ist erstmal stoppen. Einen Rückgang solle ich nicht unbedingt erwarten, nur einen Stillstand. Das war für mich ein guter Kompromiss, da ich schon mehrfach gelesen hatte wie gut das Zeug vertragen wird. Außerdem hat der Arzt mir den Ratschlag so vermittelt, dass ich auch dahinter stehen konnte.

Die Chemo habe ich besser vertragen als erwartet und die Wirkung war auch besser als erwartet (Rückgang des Kontrastmittels). Da alles so gut lief entschied ich mich für insgesamt 9 Zyklen (3mehr als geplant). Die Drittmeinung hat sich wohl gelohnt, da es mir nun August 2017 immernoch fantastisch geht, besser als den meisten "Gesunden".

 

Findet einen Arzt und eine Therapie wo ihr auch wirklich dahinter steht und davon überzeugt seid das richtige zu tun! Lasst euch nicht von Ärzten zu irgendetwas drängen. Lasst euch auch nicht von euren Angehörigen bevormunden! Leider habe ich oft diesen Eindruck wenn ich mich durch einige Krebsbeiträge in Foren und Facebook klicke.